Paphiopedilum fairrieanum (Lindl.) Stein, Orchid.-Buch: 467 (1892)








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Synonyma:
Homotypische Synonyma:
Cypripedium fairrieanum Lindl., Gard. Chron. 1857: 740 (1857)
Cordula fairrieana (Lindl.) Rolfe, Orchid Rev. 20: 2 (1912)

Heterotypische Synonyma:
Cypripedium assamicum Linden ex K.Koch & Fintelm., Wochenschr. Gärtnerei Pflanzenk. 1: 170 (1858)
Paphiopedilum fairrieanum var. bohlmannianum Mato, Orchideenbrief 1(42): 1 (1942)
Paphiopedilum fairrieanum var. giganteum Pradhan, Indian Orchids: Guide Identif. & Cult. 2: 674 (1979)
Paphiopedilum fairrieanum var. nigrescens Pradhan, Indian Orchids: Guide Identif. & Cult. 2: 674 (1979)
Paphiopedilum fairrieanum f. bohlmannianum (Mato) Braem, Orchidées Cult. Protect. 36: 35 (1998)
 
Etymologie:
Der Gattungsname Paphiopedilum (Pfitzer, Morph. Stud. Orchideenbl.: 11 (1886)) kommt aus dem griechischen Paphos = eine Küstenstadt auf südwest-Zypern, nach der Mythologie die Geburtsstadt der Göttin Aphrodite und pedilon = der Pantoffel, nach der Ähnlichkeit der Lippe mit einem Shuh.
 
Verbreitung:
Nord Indien in der Himalayaregion (Sikkim, Bhutan, Assam, Arunachal Pradesh).

Karte
 
Standort:
An geschützten, steilen, grasbewachsenen Hängen mit krystalinem Kalksteinuntergrund, in Eichenwäldern in mit Laubhumus gefüllten Felsnischen und in Dolomit-Kies (CaMg(CO3)2) entlang der Flüsse in einer Höhe von 1400 bis 2200 m über Meer. Bevorzugt werden gegen Westen orientierte Hänge, oft in hohem Gras.

Klimatabelle von Darjeeling, Indien 2265 m ü. Meer: Temperaturen sind umgerechnet für ca. 1700 m ü. Meer (vermutliche Extrem-Temperaturen: 29°C max und 1°C min)
Durchschnitt pro Monat
(grob gerundet)
Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Temperatur in °C min 5 6 9 13 15 17 18 17,5 16,5 13,5 9 6,5
max 11,5 12 17 20 21 22 22,5 22 21 19,5 15,5 13
Regenmenge in mm   15 30 45 105 215 590 800 640 445 130 25 8
 
Beschreibung:
Kompakt wachsende, Klumpen bildende Pflanze mit fächerartig angeordneten Blättern am kurzen Trieb. Die dichtstehenden, am Ansatz gefalteten 4 bis 8 Blätter umschliesen überlappend den kurzen Stamm. Die Blätter sind 7,5-28 cm lang und 2-3 cm breit, hell bis dunkel grün, sehr schwach gesprenkelt an der Oberseite mit einer helleren, deutlich gekielten Unterseite. Die Ränder sind leicht nach unten eingerollt und gegen Spitze fein gezähnt. Die Spitzen sind winzig ungleich dreilappig.
Der Infloreszenzstiel ist 12-20 cm (gelegentlich bis 45 cm) lang und entsteht zwischen den Blättern an der Wachstumsspitze. Er ist dünn, hell grün, dicht purpur behaart, ein- selten zweiblütig. Braktee eliptisch, 1-4 cm lang, 0,8 cm breit, weisslich mit purpur Flaum. Blütengrösse liegt meistens zwischen 4-8 cm breit und 6-10 cm hoch. Die Rücksepale kann bis 5 x 8 cm, das Synsepalum bis 2,7 x 3,5 cm, die Petalen bis 1,5 x 5 cm und die Lippe bis 2,6 x 5 cm gross werden. Blüte ist duftlos, ihre Farbe, Form und Zeichnung sind variabel.
 
Kultur:
Temperatur: die Pflanze wächst in einem Gebiet mit einer Tag-Nacht Temperaturdifferez von 4-8°C. Optimale Kulturbedingungen sind: Sommer: Tag 22°C, Nacht 17°C und in der Ruhezeit vom Späherbst und Winter: Tag 12-13°C, Nacht 5-6°C. Afgrund des relativ grossen Höhenbereichs der Standorte kann sie sich auf bis 4°C tiefere Temperaturen gewöhnen. Ein Gartenaufenthalt vom Anfang Sommer bis Herbst kann sich günstig auswirken. Dabei ist wichtig, dass die Pflanze im gut durchlässigen, luftigen Substrat gepflanzt ist und genügend gewässert wird.
Licht: etwa 20000-30000 lux, sehr hell, mehr als andere Paphiopedilum Arten, aber keine direkte Sonne ausser in den frühen Morgen- oder späten Nachmittag-Stunden. Starke Luftbewegung ist jede Zeit erwünscht.
Wasser: vom Mai bis Oktober viel Wasser, aber nicht dauernd nass. In der übrigen Zeit das Substrat nur feucht halten. Bei tiefen Temperaturen sollte die Pflanze fast trocken stehen.
Luftfeuchtigkeit: vom Sommer bis Herbst 70-95%, Spätherbst bis Frühling reichen 55-80% relative Luftfeuchtikgeit. Die Fensterbankkultur könnte bei Vorkehrungen zur Erhöhung der Luftfeuchtigkeit und Sommeraufenthalt im Freien durchaus Erfolg haben. Die Pflanze dürfte aber im Winter auch nicht zu warm stehen.
Blütezeit: meist September bis Februar, kann aber wie auch andere Paphiopedilum Arten in jeder Jahreszeit blühen. Die Blüten halten an der Pflanze bei kühlem Stand bis zu 8 Wochen, aber auch geschnitten haben sie lange Haltbarkeit.
Substrat: am häufigsten wird heute Rindensubstrat verwendet, dem etwas Holzkohle beigemischt wird. Weitere manchmal verwendeten Zusätze sind Perlite, Bims, Sphagnum, (Kalk-) Kies und vieles andere mehr. Wichtig ist nur, dass der Pflanzstoff gut Feuchtigkeit halten kann, ohne nass zu bleiben und luftig ist. Deshalb empfielt sich regelmässiges Umtopfen, bevor eine Zersetzung einsetzt. Der beste Umtopfzeitpunkt ist im Frühjahr nach der Blüte.
 
Geschichte:
John Lindley beschrieb diese Pflanze nach blühendem exemplar des Mr. R. Fairrie vom Liverpool, der sie als erster 1857 vor der Royal Horticultural Society ausgestellt hatte, als Cypripedium fairieanum. Weil es offensichtlich nach Mr. Fairrie benannt wurde, hat man das fehlende zweite "r" als Schreibfehler klassifiziert und heute sollte es korrekt fairrieanum geschrieben werden.
Die ersten eingeführten Pflanzen sind bald durch falsche Kultur fast verschwunden. Zudem wurde der Fundort dieser ersten Pflanzen nicht bekannt. In 1880 sandte der bekannte Orchideengärtner Frederick Sander einen seiner Sammler, Forsterman, nach nord Indien mit dem Auftrag mehrere diese begehrenswerte Pflanzen zu sammeln. Es war aber keine Spur von Paphiopedilum fairrieanum zu finden obwohl er viele andere Orchideen, unter anderem Paphiopedilum spicerieanum, gefunden hatte. So waren 1905 nur 5 kleine Pflanzen von Paphiopedilum fairrieanum in ganz Europa noch am Leben.
Im Jahre 1904 hat der Sander eine enorme Belohnung von £1000 ausgeschrieben für denjenigen, der ihm diese Orchidee mit der Standort Angabe besorgt. Offensichtlich hat er damit gerechnet, genügend Pflanzen zu erhalten, damit er diese riesige Belohnung und zusätzlich einen Gewinn damit abdecken kann. Tatsächlich hat innerhalb eines Jahres der englische Ingenieur Mr. G. C. Searight durch den indischen Gärtner Mr. S. P. Chatterji einige grosse Pflanzen dem Frederick Sander geschickt und forderte die Belohnung ein. Fast gleichzeitig sind aber mehrere Pflanzen bei Kew Gardens und anderswo aufgetaucht. Es machte den Anschein, dass die geheime Lokalität dieses Frauenschuhs nicht mehr ein Geheimniss war, ja es sickerte sogar durch, dass sie bereits vor der Belohnungsausschreibung bekannt war. Weil Searight erlaubte, dass Pflanzen aus anderen Quellen England erreichten, wurde ihm nur die Hälfte der Belohnung ausbezahlt, was aber damals trotzdem ein sehr grosser Betrag war.
Innerhalb von drei Monaten vekaufte Sander die ganze Liferung (179 Pflanzen) in Auktionen, aber erhielt dafür nur £550. Zum Glück konnte er seine besten Pflanzen vor den Auktionen zu viel höheren Preisen privat verkaufen, somit insgesammt £5000 verdient und rettete seine Gärtnerei wieder einmal aus einer weiteren der regelmässigen finanziellen Krisen.
Bis zum Ende gleichen Jahres wurden weitere 800 Pflanzen in Darjeeling zum Kauf angeboten und der Preis sank auf wenige Schillinge.
 
Hybriden:
Wegen der interessanten Form und Färbung wurde Paphiopedilum fairrieanum häufig als Kreuzungspartner verwendet. Seit 1870 bis 2007 wurden 96 Hybriden (davon sind 14 Primärhybriden) mit dieser Spezies als Samenträger und 162 (davon 25 Primärhybriden) als Pollenspender registriert.

Chromosomenzahl: 2n = 26
 
Literatur:
Mehrmals behandelt in "Die Orchidee"

Beschrieben in der "Orchideenkartei", Beilage zu "Die Orchidee" 28 (1), Februar 1977.

Braem, G. 1988. Paphiopedilum. Brücke-Verlag Kurt Schmersow, D-3200 Hildesheim, Germany.

Cribb, P. 1998. The genus Paphiopedilum second edition. Natural History Publications (Borneo), P.O. Box 13908, 88846 Kota Kinabalu, Sabah, Malaysia in association with The Royal Botanic Gardens, Kew, Richmond, Surrey TW9 3AB, England.

Fowlie, J. A. 1970 and 1978. In search of the 1000 Pound Orchid: Paphiopedilum fairieanum. Orchid Digest,34(8):244 and 42(4):148.

Griesbach, R. J. 1988. Genetics and Biochemistry of Anthocyanin Albinism in Paphiopedilums. Orchid Digest 52(2):88.

Pradhan, U. 1976. A note on a new natural hybrid - Paphiopedilum x pradhanii U. C. Pradhan, hyb. nat. (Paphiopedilum fairieanum x Paphiopedilum venustum). Orchid Digest 40(3):92.

Text und Fotos: Pavel Andel